(S2/E01) Zu den weniger bewundernswerten Eigenschaften von Menschen gehört es, bei Nachrichten oder Meldungen nicht genau hinzuschauen, wenn nur die Story einigermaßen „catchy“ ist. Sind dazu noch diese Nachrichten „negativ“, ein Aufreger, dann haben diese gute Chancen schnell und durchschlagend verbreitet zu werden. Nehmen wir als Beispiel mal:
– Beethoven’s Leidensgeschichte: War der Wein war sein Tod?
– Folgen des Lockdowns: Social Media macht unsere Kinder krank!
– Beethovens Porträt: Gemalt von einem Fake-News-Troll in Staatsdiensten?
Wir gestehen: die letzte Meldung ist nicht im Podcast aufgeklärt. Informationen dazu gibt es beim „Episodenbild“.
Verspüren Sie als Hörende des Podcasts, als Lesende des Blogs nun nicht auch das Bedürfnis, jetzt die Geschichten hinter den Pixeln zu erfahren?
Machen wir, dabei hilft uns zum Thema „Social Media und Jugendliche“ eine wahre Goldgrube an Daten und Informationen: Die Millennium Cohort Study (MCS). Diese wird durchgeführt als Längsschnittstudie. Das bedeutet, man begleitet seit dem Jahr 2000 über 19.000 Kinder bei ihrer Entwicklung durch die Kindergartenzeit bis zum heutigen Tag. Das lässt tiefe Einblicke zu, welche Bedingungen das Wohlbefinden, schulische Leistungen, die körperliche und seelische Gesundheit beeinflussen, und wie es heute damit steht.
Und noch mehr: Um die Basis für politische Entscheidungen zu erweitern, wurden die Teilnehmenden in dieser Längsschnittstudie zusätzlich befragt: Wie zum die zur Social Media genutzt wird – oder wie sich die Jugendlichen während des Corona Lockdowns verhalten haben.
Was Beethovens Tod wahrscheinlich (mit) verursachte, folgt der selben forensischen Logik: Wir schauen genauer hin, suchen Quellen, werten dieses aus und stellen fest: Die wahre Geschichte es ist ein wenig anders, als man es zu wissen glaubt.
Quellen zur Episode
Die erwähnte Studie basiert auf der Millennium Cohort Study (MCS) des Centre for Longitudinal Studies. Mehr zu dieser Einrichtung – und weitere aktuelle Ergebnisse auch früherer Studien finden sich dort:
https://www.ucl.ac.uk/ioe/departments-and-centres/centres/centre-longitudinal-studies
Das Centre for Longitudinal Sudies veröffentlich immer wieder Ergebnisse der insgesamt vier Längsschnittstudien, beginnend mit der ersten Welle im Jahr 1958.
Hier zum Beispiel die aktuellen Ergebnisse „Next Steps“ der „Longitudinal Study of Young People in England (LSYPE)“. Diese begleitet das Leben von rund 16.000 Menschen in England, die 1989-90 geboren wurden.
https://cls.ucl.ac.uk/cls-studies/next-steps/
Basisquelle dieser Folge ist:
Whitney Crenna-Jennings (sie ist federführend): Young people’s mental and emotional health: Trajectories and drivers in childhood and adolescence. 2021 (PDF Download möglich).
https://epi.org.uk/publications-and-research/young-peoples-mental-and-emotional-health
Weiterführende Quellen
Georg Franck: Ökonomie der Aufmerksamkeit 1998
https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/oekonomie-der-aufmerksamkeit/978-3-446-19348-2/
UlrikeReisach: The responsibility of social media in times of societal and political manipulation. 2020
https://reader.elsevier.com/reader/sd/pii/S0377221720308249?token=CA776BF7BE84754343F89545A9BD68F3273A3E8C67C53D2C2CB68CFA979D90B6E6D7E8DCF89920090CE5E247B8DA4B49&originRegion=eu-west-1&originCreation=20220911203516
Episodenbild
Unser Episodenbild zeigt ein eher unbekanntes Porträt von Ludwig van Beethoven im Alter von 35 Jahren (in 1805). Die Besonderheit ist, dass es bis zu seinem Tod in Beethovens Besitz war. Gemalt wurde es von Joseph Willibrord Mähler. Mähler hat unter anderem an der „Wiener Akademie der bildenden Künste“ studiert.
Bei der Wahl des Episodenbildes spielte für uns Mählers eigentlicher Beruf fast eine ebenso große Rolle wie das Porträt Beethovens.
Nach seinem Studium wurde Mähler Offizier des Geheimdienstes Geheime Kabinettskanzlei in Wien. „Die Geheime Kabinettskanzlei“ in Wien war die wohl bekannteste und eine der effizientesten „Schwarzen Kammern“, deren Aufgabe im 18. Jahrhundert war, heimlich Post mit zu lesen. Also den Schriftverkehr zu „überwachen“. Im Laufe der Zeit kam auch immer stärker die Dekodierung verschlüsselter Nachrichten hinzu sowie die Verfälschung der Informationen, also die „Desinformation des Empfängers.“
Die Geheime Kabinettskanzlei war eine Überwachungsmaschinerie plus etwas, was man heute als „Troll-Fabrik“ bezeichnen würde. Es ist anzunehmen, dass die zeichnerischen Fähigkeiten von Mähler beim „faken“ von Texten eingesetzt wurden.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Geheime_Kabinettskanzlei abgerufen am 12.9.2022 4:32.
Malerei und Komposition betrieb Mähler seitdem nebenbei.