Dark patterns, oder: Der kochende Frosch

Ein Gaukler macht Kunststücke vor einem staunenden Publikum, wobei ein Taschendieb die Gelegenheit nutzt...
Der Gaukler von Hieronymus Bosch (entstanden um 1502).

(S1/E03) Wir machen in diesem Beitrag auf ein Phänomen aufmerksam, das uns im Web, in Apps, in (Online-) Spielen in sehr verschiedenen Erscheinungsformen begegnet, aber eine gemeinsame Wurzel hat: „Dark Patterns“ sind mehr oder weniger offene Taktiken, mit denen Informationsanbieter, Shops, Spiele-Anbieter ihr Publikum zu bestimmten Verhaltensweisen leiten, überreden, manipulieren, zwingen wollen.

Sie folgen dabei ihren eigenen Interessen, und leider sind sie nicht selten erfolgreich: Wir kaufen, bestellen, übergeben persönliche Daten, erteilen Genehmigungen, treffen Entscheidungen nicht so, sondern anders, klicken nicht diesen, sondern jenen Button. Im Hintergrund sind hier Erkenntnisse der Psychologie in der Geschmacksrichtung „Verhaltensökonomie“, die auf teils sehr offensichtlichen, unter Umständen aber auch auf subtilen Effekten und Mechanismen beruhen.

Der Stimmzettel zum Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich
Der Stimmzettel zum Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich ist sicher nicht das erste historische Dark Pattern, aber eines, das wirklich rabenschwarz ist. Wahlen müssen frei und unbeeinflusst stattfinden – natürlich. Doch hier gibt es keine freie, sondern eine richtige und eine falsche Entscheidung!
Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Stimmzettel-Anschluss.jpg

Das Arsenal der Taktiken, Tricks und Täuschungen im Web, in Spielen, Shops und Apps ist groß, vielfältig und psychologisch so interessant, dass wir dem Thema sicherlich mehr als einen Beitrag widmen werden.

…und was das mit kochenden Fröschen zu tun hat? Das verraten wir hier natürlich nicht. Hört Euch / hören Sie sich den Beitrag an!

Die Geschichte zum Beitragsbild:

Betrug und Täuschung sind sicherlich so alt wie die Menschheit. Das Bild zu unserem Blog-Beitrag zeigt ein berühmtes Gemälde des niederländischen Malers Hieronymus Bosch. Man sieht ein „Dark Pattern“ aus dem 15. Jahrhundert, in dem ein listiger Gaukler sein Publikum ablenkt, sodass sein Komplize das Publikum hinterrücks um seine sauer verdienten Gulden erleichtern kann. Auch hier gelten die Gesetze der Psychologie der Dark Patterns.
(a) Sorge dafür, dass Dein Publikum über spektakuläre Effekte und Inhalte Bauklötze staunt.
(b) Versetze es in einen Zustand reduzierter Ablenkbarkeit.
(c) Nutze die hierdurch entstehenden Möglichkeiten…!

Quellen:

  • Die Referenz zum Thema Dark Patterns schlechthin stammt von dem Designberater Harry Brignull, der übrigens nicht ganz zufällig einen Ph.D. (einen Doktorgrad) in Cognitive Science hat.
    aus „darkpatterns.org“ wurde „deceptive.design
  • Über den lustigen Aprilscherz der Firma Gamestation mit den 7.500 über AGBs verkauften Seelen, der im Podcast erwähnt wird, kann man u.a. in dieser Meldung auf golem.de nachlesen:
    https://www.golem.de/1004/74564.html
  • Wer sich für die Geschichte rund um den kochenden Frosch interessiert, findet in der „Wikipedia“ den besten Ausgangpunkt für eine Recherche. Mit etwas Geduld findet man von hier aus sogar die Originalarbeiten aus dem 19. Jahrhundert, in denen – angeblich – Frösche gekocht wurden.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Boiling_frog