Darf’s ein bisschen mehr sein? Die banale Geschichte vom Infinite Scrolling.

Bild vom Schlaraffenland
Das Schlaraffenland von Pieter Bruegel d. Ältere, gemalt 1567

(S1/E07) Du bist heute lange auf youtube, TikTok und Pinterest unterwegs gewesen. Du hast auch eigentlich schon seit dem Mittag nichts mehr getrunken und – seien wir ehrlich – eigentlich weißt Du gar nicht so recht, was Du heute gemacht hast. Das ist kein Zufall. Es gibt Muster in der Gestaltung von Internet-Plattformen, die ziemlich unauffällig aber trotzdem sehr mächtig sind. Und die halten Dich, ohne dass Du es bemerkst, länger fest als Du denkst…

Eines dieser Muster ist “Infinite Scrolling” oder “Endless Scrolling”. Natürlich wissen wir alle, was damit gemeint ist: Wir kommen am Ende einer Seite mit Inhalten (auf Pinterest, Facebook, Google, Reddit, Tumblr…) an und stellen fest… es gibt gar kein Ende. also Scrollen wir weiter, denn das ist doch irgendwie nahe liegend, oder nicht? Andere Beispiele: während der letzte Film noch läuft, wird der Vorspann für den nächsten Film schon geladen (Netflix) oder gleich abgespielt (youtube)… Zugegeben: das ist kein Endless Scrolling, aber der Mechanismus ist sehr ähnlich. Wir sind in einer für Menschen in den vergangenen 150.000 Jahren doch eher ungewöhnlichen Situation, denn etwas, das wir konsumieren, ist in unendlicher Fülle vorhanden. Warum passiert das ausgerechnet heute und ausgerechnet in sozialen Medien?

Die Geschichte zum Beitragsbild:

Das Schlaraffenland, in dem Milch und Honig fließen, in dem gebratene Tauben umherfliegen oder Spanferkel gleich mit dem für ihren Verzehr passenden Besteck herumlaufen, wird seit Jahrhunderten in Erzählungen und Bildern dargestellt. Die wahrscheinlich berühmteste Darstellung wurde von Pieter Breughel (d. Älteren) 1567 gemalt. Die unausgesprochene Frage hinter dem Bild: Was mag aus den Menschen werden, wenn sie über die zur Stillung ihrer Bedürfnisse erforderlichen Dinge in unendlicher Menge verfügen…? Brueghel war daran gelegen, den Betrachter*innen das zu zeigen, worin sich alle Erzählungen zum Schlaraffenland einig sind: seine Bewohner’innen werden eher das Gegenteil von aktiv, intelligent, agil, gesund, attraktiv und sportlich.

Zu unserem Episodenbild gab es einen schönen Beitrag auf ZDFKultur in der Rubrik “Geheimnis der Bilder”. Der Beitrag ist leider nicht mehr online.

Quellen:

  • Der am Ende des Podcasts erwähnte Beitrag von Ludmila Lupinacci, “Absentmindedly scrolling through nothing“, erschienen in der Zeitschrift Media, Culture & Society, ist ebenfalls im Internet auffindbar. Auf der Website der Bibliothek der London School of Economics.