Hass im Hirn – rund um die Amygdala

Anatomische Zeichnung eines Kopfes auf Pergament
Leonardo Da Vinci: Anatomische Skizze eines Schnittes durch das Gehirn, angefertigt um 1510

Mit modernen bildgebenden Verfahren der Neurowissenschaften, die auf so einprägsame Namen hören wie Magnet-Resonanz-Tomographie oder Positronen-Emissions-Tomographie, kann man dem Gehirn bei allen möglichen Tätigkeiten zusehen und etwas darüber in Erfahrung bringen, was unsere innerste Welt zusammenhält. Natürlich gilt das auch im Web. Es kann gar nicht anders sein. Deshalb wirken Likes auf Belohnungszentren, Swipen und Scrollen versetzt uns in Trance und auch das gefährlichste Internet-Phänomen überhaupt, nämlich Hass, wird im Gehirn gemacht.

Hass erscheint uns gelassenen Durchschnitts-Menschen ja nicht wirklich nachvollziehbar, oder? Ein Troll, der ohne jede Rücksicht auf Rechtschreibung obszöne Drohungen stammelnd, geifernd, schäumend über ein Opfer herfällt, Drohungen ausstoßend, Angst verbreitend bis zur Gewaltandrohung, ja bis zum Mord, wirkt wie ein Wesen von einem anderen Stern. Man wundert sich, ist einmal nur angewidert, mal unfreiwillig amüsiert, gelegentlich fassungslos. Was treibt solche Leute nur an? Kann es sein, dass sie nicht bemerken, wie toxisch, destruktiv und – nennen wir die Dinge mal beim Namen – dumm ihr Verhalten ist? Kann es sein, dass sie nicht nur jede Vernunft verlieren sondern anscheinend auch gleichgültig dafür werden, wie entsetzlich uncool, unsympathisch und abstoßend sie werden? Es ist ganz offensichtlich so.

Andererseits: Vieles wird hier einfacher, sobald man die Idee aufgibt, man müsse anonyme Morddrohungen oder Hassrede genauso verstehen können, wie zivilisierte menschliche Verhaltensweisen. Wenn unser „psychischer Apparat“ (Sigmund Freud) ein Gebäude wäre, dann kommt der Hass aus den unteren Stockwerken, genauer: aus dem Kellergeschoss. Und, wo wir schon bei Freud sind: Er meinte, dass diese Dinge aus den unteren Stockwerken ein Eigenleben haben und dass wir sie nicht uneingeschränkt kontrollieren können. Ja, auch das ist ganz offensichtlich so.

Wir beschäftigen uns also in unserer zweiten Hass-Folge auf achwas.fm genau mit diesem Themenbereich und treten zunächst einmal pflichtschuldig den Beweis an, dass es sich mit Hass auch nicht besser verhält als mit Lügen und moralischer Panik: Er ist erfolgreich und wird sehr gerne „viral“. Auch die Hassenden scheinen spezielle Menschen zu sein. Vor allem ihr Fleiß ist interessant. In der Studie, die wir in der aktuellen Folge unseres Podcasts berichten, erzeugen etwa 0,5% einer Community etwa 20% der Posts und Kommentare, die mit Hass-Begriffen kontaminiert sind. Ein/e Hater/in arbeitet also für die schlechte Laune von für 40 normalen Community-Mitgliedern!

Quellen zur Episode

zum Episodenbild

Nachdem wir in der Vergangenheit schon den einen oder anderen prominenten Künstler zur Bebilderung der Ideen und Inhalte unserer Podcastfolgen zitieren konnten, ist heute ein wahrhafter Gigant dran. Seine Bedeutung für die Kunst entspricht dem Gewicht des Themas: Leonardo da Vinci. Bekanntlich hat er sich ausführlich mit Anatomie beschäftigt und dabei natürlich auch das Gehirn, Hirnnerven, den Schädel und sorgfältig präpariert und gezeichnet.

Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Leonardo_Da_Vinci%27s_Brain_Physiology.jpg