Jumping To Conclusion – Verschwörungstheorien II.

Das Siegel der Vereinigten Staaten von Amerika aus dem Jahr 1776, es zeigt eine gemauerte Pyramide mit dem dreieckigen Auge Gottes an der Spitze und verschiedene lateinische Inschriften
Das Siegel der Vereinigten Staaten von Amerika aus dem Jahr 1776

Angesichts der immer weiter grassierenden – meist toxischen – Wirkung von Verschwörungstheorien nehmen die neuro-, psycho-, sozio-, techno- interdisziplinären Anstrengungen, dieses Phänomen irgendwie zu erklären und hoffentlich zu bremsen, permanent zu. Dabei gewinnt man den Eindruck, dass die Wissenschaft im Wettrennen nicht gerade die Nase vorn hat…

In dieser Folge von achwas.fm geht es trotzdem (oder deshalb) genau darum: Was gibt es bisher an konkreten Fakten zum Thema? Wir arbeiten das Thema durch und gelangen auf unserer Reise durch die Wissenschaft von Unterschieden zwischen Verschwörungstheorien und paranoiden Wahnvorstellungen (Spoiler: es gibt kaum welche), verschwörungsförderlichen Persönlichkeitseigenschaften und Denkfehlern bis zu den Methoden, mit denen man Verschwörungstheoretiker/innen vielleicht beikommen kann. Was dabei auffällt ist, dass Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben, auf eine bestimmte Art wie „Du und ich“ sind. Wie das sein kann? Nun: wenn ich einmal von etwas überzeugt bin, mache ich mir nicht mehr übermäßig viele Gedanken darum. Die Erde ist rund, Elvis ist mausetot, Nine-Eleven war ein schrecklicher Terroranschlag, die USA sind 1969 auf dem Mond gelandet, es gibt natürlich keine Reptilienmenschen undsoweiterundsofort. Anscheinend sind unsere verschwörungsgläubigen Mitmenschen von ihren abwegigen Vorstellungen genauso überzeugt, sodass sie dann kurzerhand zu Denken aufhören. „Jump to Conclusion“ nennt man diese Vorwegnahme von Schlussfolgerungen, also nicht Nachdenken, nicht Hinterfragen, nicht ein zweites Mal Hinsehen.

Was uns aus unserer Recherche am meisten beeindruckt hat: Es geht gar nicht ums Klingenkreuzen mit haarscharf formulierten Argumenten, nach dem Motto: wer die besseren Argumente hat, gewinnt! Nein, die Forschung legt nahe, dass es schon längst zu spät ist, wenn man mit dem Faktencheck beginnt. Wer glaubt, der glaubt. Wer verhindern möchte, dass größere Teile unserer Gesellschaft irgendwann jeden Mumpitz glauben, der ihnen in einschlägigen Kanälen von Pseudo-Expert/innen und Evangelist/innen präsentiert wird, muss vorher anfangen: in der Schule. Was Hänschen oder Gretchen nicht anzuzweifeln lernen, zweifeln Hans oder Grete nimmermehr. Wir vermeiden es ausdrücklich, darüber nachzudenken, was Lehrermangel und ein marodes Schulsystems in diesem Zusammenhang bedeuten könnten.

Quellen:

  • Die Studie zum „Jump to Conclusion Bias“, der dieser Folge den NAmen gegeben hat, finden man in folgender Quelle: Pytlik, N., Soll, D., & Mehl, S. (2020). Thinking preferences and conspiracy belief: Intuitive thinking and the jumping to conclusions-bias as a basis for the belief in conspiracy theories. Frontiers in psychiatry11, 568942.
    https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyt.2020.568942/full
  • Der aktuelle Übersichtsartikel zur Intervention, den wir zusammenfassen: O’Mahony, C., Brassil, M., Murphy, G., & Linehan, C. (2023). The efficacy of interventions in reducing belief in conspiracy theories: A systematic review. Plos one18(4), e0280902.
    https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0280902&s=03
  • Einer der besten und umfassendsten Zusammenfassungen zum Thema und unsere Leseempfehlung für alle, die einen breiten Überblick suchen, ist – nicht ganz zufällig – in „Political Psychology“ erschienen. Douglas, K. M., Uscinski, J. E., Sutton, R. M., Cichocka, A., Nefes, T., Ang, C. S., & Deravi, F. (2019). Understanding conspiracy theories. Political psychology40, 3-35.
    https://onlinelibrary.wiley.com/doi/pdf/10.1111/pops.12568?ref=quillette

Das Bild zur Episode

Seit Jahrhunderten arbeiten sich Verschwörungstheoretiker/innen an der Ikonographie rund um die Staatssymbole der Vereinigten Staaten von Amerika ab. Es ist aber auch zu verlockend. Wenn wir einmal davon absehen, dass das Washington Monument in einer Box aus einem unbekannten Metall Inschriften für (…oder von?) Außerirdische(n) enthält, dass hierbei obendrein die Illuminati, Reptilienmenschen, MacDonalds oder die CIA federführend waren (Moment, ist das alles nicht das Gleiche?) , dann ist da noch dieses Staatssiegel, das sich schon dadurch verdächtig macht, dass auf ihm irgendwas Lateinisches steht (…sehr verdächtig!). Und dann ist da noch das allsehende Auge Gottes abgebildet. Was will man mehr?

Bildquelle:
https://commons.wikimedia.org/File:Dollarnote_siegel_hq.jpg

Wer sich genauer informieren möchte, es gibt natürllich eine umfangreiche Website mit allen Details rund um das US-Siegel: http://www.greatseal.com/mottoes/coeptis.html