S2E27-2 —10.7.2024.
Erstveröffentlicht am 22.10.23. haben wir uns mit einem Verdachtsfall von Studienfälschungen mit Auswirkungen beschäftigt: Seit dem 14.3.2024 liegen die Ergebnisse einer forensischen Untersuchung auf über 1.200 Seiten vor, die den Verdacht erhärten. Zum 9.7.24 hat Data Colada veröffentlicht wie die Ergebnisse der eigenen Untersuchungen mit dem Bericht der Experten zusammenpassen. Die Experten geben Data Colada recht und unterstreichen die fachliche Expertise und Sorgfalt.
Der Fall
Beteiligt: Die renommierte Verhaltenswissenschaftlerin
– Francesca Gino der Harvard Business School. Sie sah sich diesem Verdacht der Fälschung oder Verfälschung von Daten von Verhaltens-Studien ausgesetzt, die über die Wissenschaft hinaus Einfluss hatten.
– Drei Wissenschaftler, die den Blog „Data Colada“ betreiben: Sie erhoben nach einer Recherche schwerwiegende Vorwürfe von Fälschung und Verfälschung von Daten. Ihr übliches und von der wissenschaftlichen Community wertgeschätzte Vorgehen: Sie machen eine Qualitätsprüfung von Studien (nach Hinweisen oder auch im Auftrag als Peer Review). Wenn sie „etwas“ finden, sind die meisten Wissenschaftler froh, dass vor der Veröffentlichung sie Fehler oder Missinterpretationen verbessern können.
– Harvard Business School. Im Fall von Frau Gino gab es keine Reaktion. Wie dann üblich informierte Data Colda den Arbeitgeber, im Fall von Frau Gino die Harvard Business School. Diese reagierte (entsetzt) und setzte Forensiker ein, (die mögliche kriminelle Handlungen systematisch untersuchen) um die Vorwürfe zu überprüfen.
Daraufhin verklagte Frau Gino Harvard und Data Colada auf 25 Mio$ Schadenersatz wegen übler Nachrede.
Der Experten Bericht liegt nun vor. Pina Colada schreibt dazu am 9.7.2024:
Im Rahmen ihrer Untersuchung verfasste Harvard einen 1.288-seitigen Bericht, in dem die Ergebnisse beschrieben wurden. Aufgrund des Gerichtsverfahrens wurde dieser Bericht veröffentlicht… Und weil er veröffentlicht wurde, wissen wir jetzt, was nach Angaben der Forscher im „ursprünglichen“ Datensatz für eine der vier Studien enthalten war: Studie 3A von Gino, Kouchaki und Casciaro (2020) [1]. Durch einen einfachen Vergleich der Original- und der veröffentlichten Version des Datensatzes können wir genau sehen, wie die Daten verändert wurden, um das veröffentlichte Ergebnis zu erzielen. In diesem Beitrag werden wir das zeigen: … Wir haben korrekt abgeleitet, wie die Daten verändert wurden.
Quelle https://datacolada.org/118, übersetzt mit DeepL
Ginos vorherrschende Erklärung für die Veränderungen ist extrem unplausibel.
Bitte beachtet: Der Fall ist ist aktuell (9.7.2024) auch mit der Feststellung der Forensiker noch nicht abgeschlossen. Bis zum Abschluß gilt die Unschuldsvermutung.
Angeklagt im Verfahren dazu sind Data Colada und die Harvard Business School, die Frau Gino ohne Bezüge freigestellt hat.
Wie versprochen: Wir werden neuere Entwicklungen wie die abschliessende juristische Würdigung auf dieser Blog-Site achwas.fm berichten.
Quellen
Neuer Artikel nach Veröffentlichung des Podcast
“Here’s the Unsealed Report Showing How Harvard Concluded That a Dishonesty Expert Committed Misconduct”
https://statmodeling.stat.columbia.edu/2024/03/14/heres-the-unsealed-report-showing-how-harvard-concluded-that-a-dishonesty-expert-committed-misconduct
Im Podcast erwähnte Beiträge
Chronicle of Higher Education (Der Chronicle bezeichnet sich als „unangefochtener Marktführer im Hochschuljournalismus“ der USA). Er berichtete als erster am 16.Juni 2023 von den Vorwürfen an Francesca Gino.
Liste der Artikel zur Causa Francesca Gino
https://www.chronicle.com/search?q=gino&s=1
Data Colada Blog. Überprüft Studien, gibt Hinweise, erstellt Tools zum Checken der Daten vor Veröffentlichung.
Zur Feedback Kultur: „Our policy is to share drafts of blog posts that discuss someone else’s work with those authors to solicit feedback, 7 days before the posts go live. In an ideal world, researchers will read these drafts and give us feedback about what they think we should change.
We don’t want to post anything inaccurate, misleading, confusing, snarky, or poorly worded.“
http://datacolada.org
Website von Francesca Gino Verteidigungsschrift
Ihr Statement: „Let that correction begin with this simple and unambiguous statement: I absolutely did not commit academic fraud.„
https://www.francesca-v-harvard.org
Artikel in der New York Times 30.9.23 / update 2.10.23
„The Harvard Professor and the Bloggers“: When Francesca Gino, a rising academic star, was accused of falsifying data — about how to stop dishonesty — it didn’t just torch her career. It inflamed a crisis in behavioral science. (Paywall)
https://www.nytimes.com/2023/09/30/business/the-harvard-professor-and-the-bloggers.html?smid=nytcore-ios-share&referringSource=articleShare
NZZ 8.7.23 Der tiefe Fall von Francesca Gino: Die Harvard-Professorin verdiente Millionen mit ihrer Forschung über Ehrlichkeit – bis sie über die eigene Unehrlichkeit stolperte https://www.nzz.ch/wirtschaft/francesca-gino-harvard-professorin-verdiente-millionen-mit-ihrer-forschung-ueber-ehrlichkeit-bis-sie-selbst-betrog-ld.1746326
Behavioral Scientist: „Harvard Professor Under Scrutiny for Alleged Data Fraud“ 30.8.23.
„Amid Uncertainty About Francesca Gino’s Research, the Many Co-Authors Project Could Provide Clarity“
Einordnung, was die Vorwürfe für die Wissenschaftler bedeuten, mit denen Francesca Gino zusammen gearbeitet hat. Und was insgesamt seit dem Bekanntwerden der Vorwürfe in der Verhaltenswissenschaft passierte.
https://behavioralscientist.org/amid-uncertainty-about-francesca-gino-led-research-the-many-co-authors-project-could-provide-clarity/
Studie: Vergleich einer Metastudie über Nudging-Erfolge und den Ergebnisse von zwei Real World Nudge Units in den USA (23. Mio. Fälle)
Stefano DellaVigna, Elizabeth Linos: „RCTs to Scale: Comprehensive Evidence from Two Nudge Units“
Berkeley Juli 2020
https://eml.berkeley.edu/~sdellavi/wp/NudgeToScale2020-07-06.pdf
Folgenbild
Die Gedanken zum Folgenbild: Auch wenn die Beweislast erdrückend scheint, ist noch kein Urteil gegen Beteiligte ergangen. Bilder von Betrügern, Gauklern, Jahrmarktszauberern schienen uns daher nicht angemessen und oberflächlich. Wir haben uns daher entschieden, ein Bild von Dall*e fabrizieren zu lassen. Ein verlassender Schreibtisch ist die Metapher für die Geschichte, die wir in dieser Folge berichten.
Dall*e vom 23.10.2023, Prompt: „in style of rodin painting of a desktop with paper covered with numbers and pencil in dark room desktop only lit by a desktop lamp“.