Hass – Die Digitale Pandemie

Die Göttin Justitia fliegt durch die Wolken, in einer Hand eine Waage, in der anderen en Schwert.
Gerard de Lairesse: Justitia (gemalt zwischen 1665 und 1685)

Wir meinen, ARS Covid-19 war ein laues Lüftchen gegen das, was sich seit einigen Jahren in den digitalen Netzen abspielt. Man könnte es eine Hass-Pandemie nennen und sie hat alle Eigenschaften, die sich für einen tüchtigen Virus gehören: Schnelle Vermehrung, Ausbreitung, Ansteckung und toxische Wirkung. Aber während COVID-19 mittlerweile – hoffentlich – einigermaßen im Abklingen zu sein scheint, hat das Zeitalter des Hasses gerade angefangen – die internationale Lage spricht für sich.

Und weil es sich zu einem guten Teil um ein Netz-Phänomen handelt, das man sich ohne digitale Transformation kaum vorstellen kann, ist das natürlich ein Thema für achwas.fm. Im ersten Teil unserer Hass-Episoden – geplant sind zwei – kümmern wir uns also zum einen um Begriffliches (…was ist “Hass” eigentlich?) und um Juristisches, wobei wir feststellen mussten, das eine ohne das andere nicht gut denkbar ist. Anders gesagt: Ohne Strafgesetzbuch kommt man nur schwer zu einem sinnvollen Verständnis von Hass.

Darüber hinaus erzählen wir beispielhaft für die aktuelle Situation die Hintergründe einer fast schon episch zu nennenden Auseinandersetzung, die Renate Künast – als prominente Politikerin von Bündnis 90 / die Grünen – gegen einen rechtsextremen Blogger und eine Schar durchgeknallter Kommentator/innen von der Facebook-Seite eben dieses Bloggers führen musste. In tragenden Rollen mit dabei: das Amtsgericht in Halle, das Kammergericht Berlin, und schlussendlich (!) das Bundesverfassungsgericht.

Das Ganze liefert prima anekdotische Evidenz für Probleme unseres Rechts-Systems, die wir lieber nicht hätten. Das eigentlich Spektakuläre an dem Fall Künast war und ist nämlich, dass es einem deutschen Gericht tatsächlich allen Ernstes möglich war, Äußerungen wie “Drecksau” oder “Stück Scheiße” (das waren im übrigen noch die milderen Ausdrücke in den Tiraden der fidelen Facebook-Freunde) in den Schutz der freien Meinungsäußerung zu stellen.

Quellen zur Episode

Das Bild zur Episode:

Wenn es um Gerechtigkeit geht, ist die Motivwahl eigentlich nicht schwer: Justitia als römische Göttin der Gerechtigkeit, traditionell mit Waage und Schwert ausgestattet, mitunter auch mit Augenbinde. Gemalt wurde sie seit Jahrtausenden, wir haben uns für ein besonders schönes Examplar ohne Augenbinde entschieden, das der niederländische Maler Gerard de Lairesse Mitte des 17. Jahrhunderts in Öl gemalt hat. A propos Schwert: Wir meinen, die Dame könnte eigentlich auch mal direkt eingreifen…

Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:SA_7360.6-Justitia_-_Allegorische_voorstelling_van_de_verzorging_van_leprozen_en_onnozelen.jpg