Süchtig nach sozialen Medien, Teil 3 – Dopamin!

Georges Moreau genannt Moreau de Tours hat diese Morphinistinnen 1886 gemalt

(S1/E27) Im Teil 3 unserer Trilogie gehen wir den Dingen auf den Grund. Was passiert eigentlich, wenn man beginnt, an einer verhaltensbezogenen Sucht wie Social Media Sucht oder Spielsucht zu leiden? Dass es sich um Leid handelt, daran kann kein Zweifel bestehen. Wir beleuchten also einerseits Theorien, die Sucht als Ergebnis eines speziellen Lernvorgangs – “Belohnungslernen” erklären und betrachten uns dann den gleichen Vorgang im Gehirn.

Dass Internet-Sucht quasi im Aufwind ist, hatten wir ja schon in der ersten Folge unserer Trilogie erklärt. Es gibt immer mehr Forschende, die sich mit dem Thema beschäftigen. Hier können wir jetzt einen schönen Beleg nachreichen: Den Verlauf der wissenschaftlichen Publikationen zum Thema Internet-Sucht seit 1996. Man sieht: es geht bergauf!

Die Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen zum Thema Internet-Sucht von 1996 bis 2019 nach Moreno-Guerrero et al. (2020), Quellenangabe s.u.

Was uns wirklich beeindruckt hat, erzählen wir in der zweiten Hälfte unserer dritten Sucht-Episode: Man kann nämlich zeigen, dass…

(a) …die Aktivität im Belohnungszentrum des menschlichen Gehirns von positivem sozialen Feedback (…analog zu “Likes”) intensiv angeregt wird, und

(b) …dass die Intensität der Nutzung sozialer Medien bei Personen mit besonders starker Reaktion im Belohnungszentrum besonders hoch ist. (Wenn hingegen andere Personen positiv bewertet werden, interessiert das unser Belohnungs-System – verständlicherweise – relativ wenig.)

Bleibt noch anzumerken, dass genau dies – das “Antriggern” unserer Belohnungszentren mit suchtinduzierenden Folgen und das dringliche Vermeiden aller verhaltensunterbrechenden Hinweisreize einschließlich der Implementierung dringlich-quengelnder “Notifications” – im ureigensten Interesse von Tinder, Facebook, Instagram & Co ist. Auf dass wir ohne Unterlass klicken und liken und teilen, auf dass unsere Kinder es schwer haben mögen, ohne Smartphone einzuschlafen…

Quellen zum Beitrag

  • Das Literatur-Review, in dem die Anzahl der Publikationen über Internet und Addiction über die Zeit seit Mitte der 90er Jahre erfasst wird, hat folgende Quellenangabe:
    Moreno-Guerrero, A. J., Gómez-García, G., López-Belmonte, J., & Rodríguez-Jiménez, C. (2020). Internet addiction in the web of science database: a review of the literature with scientific mapping. International journal of environmental research and public health17(8), 2753.
    https://www.mdpi.com/1660-4601/17/8/2753/pdf
  • Der im Podcast zusammengefasste Beitrag der Berliner Forschenden über Facebook und Aktivierung des mesolimbischen Belohnungs-Systems im Gehirn: Meshi, D., Morawetz, C., & Heekeren, H. R. (2013). Nucleus accumbens response to gains in reputation for the self relative to gains for others predicts social media use. Frontiers in human neuroscience7, 439.
    https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fnhum.2013.00439/full

Die wirklich sehr empfehlenswerte Dopamin-Reihe von ARTE auf YouTube:

Zum Beitragsbild:

Natürlich haben wir darüber nachgedacht, wie man eine Sucht, die so modern ist, wie die nach sozialen Medien, durch ein geeignetes historisches Meme bzw. einen Bildverweis passend illustrieren könnte. Doch da wir im 3. Teil unserer Serie bis ins Gehirn vordringen und dort den Wirkungen von Drogen nach-recherchiert haben, ist es im Grund ganz einfach: Alle Bilder, in denen es um “psychotrope” Substanzen geht, können in Frage kommen. Also können wir uns gleich zur Wurzel vorarbeiten, zu einer von dem französischen Maler Georges Moreau gemalten, fast fotografisch präzisen und direkt wirkenden Darstellung zweier Morphinistinnen aus der französischen Gründerzeit. Eine ist schon im Morphiumrausch entschlafen, die andere blickt den/die Betachter/in offensiv an: “Hast Du ein Problem?”