Sie küssen und sie schlagen uns – vom operanten Konditionieren

Zirkus: Eine Akrobatin in einem gelben Kostüm reitet stehend auf einem Pferd, im Vordergrund ein Clown, rechts ein elegant gekleideter Zirkusdirektor
Georges Seurat: Le Cirque (1891)

(S1/E38) Ein alternativer Titel für diese Folge wäre „Zuckerbrot und Peitsche“ gewesen, es geht nämlich um wahrhaft wirkmächtige und grundlegende Dinge: Belohnung und Bestrafung. Auch wer die mitunter hilflosen erzieherischen Interventionen seiner Eltern schon lange hinter sich gelassen hat, wird vom Leben und von anderen Menschen immer weiter belohnt und bestraft. Da das Netz – wie wir nicht müde werden zu betonen – eben auch nichts anderes ist als das Leben, lösen wir natürlich auch dort an allen Ecken und Enden Belohnungen und Strafen aus, die unser Verhalten beeinflussen...

Einen Fakt, der in unserer Folge eher am Rande wird erwähnt wird, möchten wir hier noch einmal herausstellen: Die Steuerung von Entscheidungen durch das Belohnen und Bestrafen ihrer Konsequenzen mutet zwar wie ein zutiefst primitiver und biologischer Vorgang an, das Prinzip wird jedoch auch sehr erfolgreich unter dem Begriff „Reinforcement Learning“ (dt. Verstärkungslernen) in Algorithmen der künstlichen Intelligenz implementiert. Ein Algorithmus, der Rückmeldungen darüber verarbeiten kann, ob seine im ersten Moment vielleicht nur zufälligen Entscheidungen erfolgreich waren oder nicht, und der aufgrund dieses Feedbacks seine Entscheidungen permanent neu anpassen kann, hat das Zeug, seinerseits ziemlich wirkmächtig zu werden.

Noch ein Wort zum Küssen und Schlagen: „Sie küssten und sie schlugen ihn“ (der französische Titel lautete „Les Quadre Cents Coups“, also „Vierhundert Streiche“) ist der Titel eines Films des französischen Regisseurs François Truffaut aus dem Jahr 1959. Er erzählt darin vom Schicksal eines dreizehnjährigen Jungen, der beherzt mit dem Leben experimentiert und deshalb in ein Heim für schwer Erziehbare gerät. Der Film ist ein Klassiker des französischen Kinos und zugleich Gründungsfilm der „Nouvelle Vague“ (dt. neue Welle) des französischen Kinos. Wir haben uns die Formulierung für unseren Titel ausgeborgt, weil sie so wunderbar poetisch und zugleich drastisch klingt – Zuckerbrot und Peitsche mögen uns verzeihen.

Quellen zum Beitrag:

Video-Quellen: Tischtennis spielende Tauben und eine agile Maus:

Die beiden youtube-Videos, die wir erwähnen, sind hier driekt anzuschauen:

Tischtennis-Tauben bei der BF Skinner Foundation

Die unglaublich dressierte Maus hier:

Zum Episodenbild:

Der Maler Georges Seurat (1859-1891) gehört zu den Großen der französischen modernen Malerei. Unser Episodenbild „Le Cirque“ war wohl eines seiner letzten Werke, gemalt 1891 und anscheinend – so liest man in entsprechenden Quellen – unvollendet. Seurat hatte sich auf ein spezielle Technik spezialisiert, die wundervoll zu unseren Geschichten hinter den Pixeln passt: Er malte seine Bilder aus kleinen Farbpunkten, die dann aus der Distanz und im der gesamten Ansicht verschmelzen und dem/r Betrachter/in einen wundervoll schwerelosen, luftigen Eindruck vermitteln. „Pointillismus“ wird diese Technik genannt und sie setzte sehr viel Erfahrung und Wissen über Farben und additive und subtraktive Farbmischung voraus. Das Episodenbild zeigt einen Ort, der auch in unserer Episode eine Rolle spielt, nämlich einen Zirkus. Da sich alle Formen der klassischen Dressur eben auf den Prinzipien der operanten Konditionierung aufbauen, schien uns das Bild-Motiv sehr passend – und allemal schön.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Georges_Seurat_019.jpg

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