(S1/E12) Emotionale Ansteckung kennen wir alle aus eigener Erfahrung. Sie ist ein so grundlegender sozialer Vorgang, dass man ihn mit Sicherheit sicherlich auch bei unseren tierischen Verwandten finden kann – sofern Sie ein Sozialleben haben.
Und wir kennen das in verschiedenen Varianten, die Eingang in die Sprache gefunden haben: Wir werden durch die gute Laune anderer „angesteckt“, wir „teilen“ Freud und Leid, der Funke der Begeisterung „springt“ gelegentlich über oder jemand „zieht“ uns mit seiner impertinent schlechten Laune ‚runter.
In dieser Podcast-Folge geht es um die Frage, ob und wie so etwas auch in sozialen Medien stattfindet, welche Mechanismen sich dahinter verbergen und wie man Ansteckungsphänomene wissenschaftlich nachweisen kann.
Was wir – noch – NICHT im Podcast besprechen: Es gibt zwei widersprüchliche Möglichkeiten für emotionale Wirkung von sozialen Medien. Für beide gibt es Belege und beide stimmen mit unserem Alltagswissen überein. (a) Es kommt zu einer symmetrischen Ansteckung: wer das Glück anderer sieht, freut sich. (b) Es kommt zu einer spiegelbildlichen Wirkung: Wer das Glück anderer sieht, …wird neidisch! Beide Varianten sind interessant, aber sicherlich hat jede ihre eigene Folge verdient.
Quellen
- Der im ersten Teil des Podcasts beispielhaft zitierte Beitrag zur unbewussten Ansteckung von Mimik von dem schwedischen Autorentrio Ulf Dimberg, Monika Thunberg und Kurt Elmehedist in der Fachzeitschrift „Psychological Science“ erschienen. Er findet sich im Original im Netz und ist ziemlich kurz und knackig – wie es bei eindeutigen Ergebnissen in der Wissenschaft oft der Fall ist. Er trägt den Titel: „Unconscious Facial Reactions to Emotional Facial Expressions.“
https://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.1111/1467-9280.00221
- Das unter der Bezeichnung „Facebook Emotion Study“ bekannt gewordene Experiment, das 2014 in dem Journal „PNAS“ (Proceedings of the National Academy of Sciences…) veröffentlicht wurde, ist ebenfalls im Original zugänglich.
https://www.pnas.org/content/pnas/111/24/8788.full.pdf? - Der berühmteste, prominenteste Forscher im Bereich der Mimik, der Papst der „facial expression“ und Erfinder des Facial Action Coding Systems ist Paul Ekman. Wir verlinken hier seine Website, die für jeden, der sich für Mimik interessiert, ein ausgezeichneter Startpunkt für eine Recherche ist.
https://www.paulekman.com/
Die Geschichte zum Beitragsbild
Wenn es ein Bild gibt, das beim Ansehen direkt emotional ansteckt, dann „Der Schrei“ des norwegischen Malers Edward Munch. Er hat das Motiv einer die Hände an die Schläfen pressenden und verzweifelt schreienden Figur zwischen 1893 und 1910 mehrfach gemalt, gezeichnet und lithografiert. Nimmt man dann noch den norwegischen und überaus onomatopoetischen Originaltitel „SKRIK“ hinzu, meint man beinahe, den Schrei nicht nur zu sehen, sondern auch hören zu können. In Zusammenhang mit dem Bild ist auch von der „deformierenden Kraft der Angst“ geschrieben worden, die sich in dem Bild auf den/die Betrachter/in überträgt. Ein Meisterwerk des Expressionismus und absolut überzeugend als Sinnbild emotionaler Übertragung. Angst und bang kann einem auch werden, wenn man hört, was das Bild wert ist. Auf einer Auktion bei Sotheby’s wurde es für 120 Millionen Dollar versteigert. Mehr zum Bild und zum Maler kann man auf der Wikipedia nachlesen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Schrei